Das Grün über dem Elbdeich

Altstadt Otterndorf

In Otterndorf, dem Nordseebad neben Cuxhaven können Lunge und Geist aufatmen

Auf dem Deich stehen und den Schiffen in Richtung Hamburg hinterher schauen, dabei die frische, leicht salzige Luft einatmen, spürbar entschleunigen und dem belesenen Gästeführer lauschen. „Der lücht“ brüllt einer im Vorbeilaufen, „der lücht“.

Lachend bekommen die komisch schauenden Gäste aus Bayern erklärt, dass man das hier so macht, wenn man sich gut kennt – die Nordlichter sind lustiger und gesprächiger als ihr Ruf. Vom Deich geht es zur Kirche. Der Pastor lädt ein: „Diese Orgel müssen sie gesehen haben“, und dreht den langen Bartschlüssel im Schloß der alten Holztür. Gebaut 1261 und was heißt hier die Orgel? Sprachlosigkeit tut sich beim ersten Blick im Hauptschiff auf. Es ist unglaublich, solch Schmuck und Zierrat in einer evangelischen Kirche zu entdecken. Zu Recht ist das Otterndorfer Orgelspiel berühmt, doch die gesamte Kirche öffnet sich dem Betrachter in seiner einzigartigen Schönheit. Hier trägt Moses die 10 Gebote, die Kanzel, die 12 Apostel und den Pastor auf seinem Kopf. Gigantische Schnitzereien und Malereien zeugen vom einstigen Reichtum der „Grünen Stadt am Meer“. Es braucht etwas Zeit, seine Blicke durch die hohen Räume schweifen zu lassen und all die Feinheiten und Details zu erkunden. Sehr deutlich haben sich Spender und gönnende Zünfte hier verewigt. Keine Zurückhaltung, wer hier das Sagen hatte. Des Pastors Erläuterungen sind wie das Gebäude überwältigend und unvorstellbar beeindruckend!

Amüsiert von den vielen Anekdoten begleitet der Pastor seine Besucher zur Tür  zurück in den Kirchenhof. Beim Schlendern durch die Straßen lädt die Altstadt-Bücherei zum Stop – diese ist dem berühmten Lateiner, Dichter und Homerübersetzer der Stadt, Johann Heinrich Voß, gewidmet. Wunderschön restauriert zeugt das Haus von der Lateinschule und man spürt ein wenig vom Geist des Hauses. Der Garten mit Erlen und Kirschen grenzt an die Mebem, dem Canale Grande im Alten Land. Den Weg zum Bootssteg über den Marktplatz versüßt man sich mit einem „Schaum-Eis“ – Kindheitserinnerungen an den Jahrmarkt werden hier wieder wach. An der Kaimauer lockt Kaffeeduft. Gut zum Schärfen der eigenen Sinne. Sollen doch Eisvögel mit  blauschimmernden Gefieder über dem Flüsschen zu entdecken sein. Jens, der Kapitän begrüßt die Ankömlinge mit einem schlichten ‚Moin‘. Er ist herzlich und hat für diesen Besuch an alles gedacht: Fischbrötchen und Wein gibt es auf der Fahrt durch den Kanal. Lecker und fangfrisch – das ist genau das, was man sich bei so einem Ausflug wünscht.

B_ott_011 Strand bei SonnenuntergangZurück zur Natur und Geschichte. Der Alt-Bürgermeister und Anrainer erklärt das Zusammenspiel zwischen Mensch und See. Die Mebem bringt das Wasser aus den Marschen zur Elbe. Es ist beeindruckend und schier unvorstellbar wie der Mensch hier den Naturgewalten trotzt. Einst holte man noch Holländer an die Seite, um Land zu gewinnen und sich auf dem Meer niederzulassen. Der im Jahr 1400 begonnene Deichbau und das ausgeklügelte System der Schöpfwerke zu Beginn des 20. Jahrhundert ermöglichten dann eben auch Handel. Die kleine Wurtsiedlung an der Mebemmündung wurde bald zur blühenden, reichen Stadt, dem heutigen Otterndorf. Zurück an Land folgt das nächste historische Spiel: die einzigartige Stadtführung der „Lumpenhunde“. Die engagierten Laienschauspieler verstehen es ihr Publikum mit Enthusiasmus in die Zeit des King George und der KGL zu entführen.

Bereits im 18. Jahrhundert bewirkten Gelehrte ein Umdenken des Menschen. Der bis dato ungezähmten und erschreckenden Natur wurden Gefühle wie großartig und farbenfroh zugeordnet und Stimmungen erzeugt, um die Erde zum Nutzen der Menschheit zu formen. So wurde 1750 die erste Badeeinrichtung in England eröffnet. Die Ärzte propagierten die Heilkräfte des Wassers und wegen des gesunden Seeklimas 1797 eröffnete Norderney das erste Seebad der Nordsee, Cuxhaven folgte im 19. Jahrhundert. Heute ist das Wattenmeer UNESCO Umwelterbe. Vor allem dient der Schutz von Natur und Landschaft der Verbesserung unserer eigenen Lebensqualität und die unberührten Landschaften dieses einmaligen Küstengebietes bleiben erhalten.

Der Spaziergang zum Museum lässt einen aufatmen, die Weite der Dünen geben dem persönlichen Geist viel Raum , Strandkörbe setzen Farbakzente und sich in die Landschaft einschmiegende Häuser und Gulfhöfe vervollständigen die Inszenierung eines einmaligen Ortes: Otterndorf. In diesem Sinne: „Moin“ und auf bald an der See.

Autorin: Susanne M. Huber
Fotos: Touristinfo

Tipps für Camper
Campingplatz See Achtern Diek4, Am Campingplatz 3, 21762 Otterndorf, Telefon: 04751 2933, https://www.otterndorf.de/tourismus/campingplatz/

Stellplatz für 22 Wohnmobile: Seglertreff mit Imbiss / Kiosk, Nur Barzahlung!
Schleuse 5, 21762 Otterndorf, Tel: 0171 6874776,
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Tourist-Information Otterndorf, Wallstraße 12, 21762 Otterndorf
Tel. +49 (0) 4751 919131,  E-Mail: touristik (at) otterndorf.de,
http://www.otterndorf.de